Samstag, 25. Oktober 2008

Auf den Hund gekommen...

Dieses Wochenende wartet eine besondere Mission auf mich - Dogsitting in Reutte. Meine restliche Familie amüsiert sich einstweilen bei einem Törggeleausflug in Südtirol. Bevor Susanne und ich uns auf den Weg über den Fernpaß machen, demontiere ich wehmütig den Biketräger vom Autodach. Das Inntal versinkt heute förmlich im Nebel, aus diesem Grund ist auch Susannes geplanter Alpenrundflug ins Wasser gefallen. Aber siehe da, wenig später reißt es auf und das Außerfern erstrahlt im prachtvollen Sonnenschein, ein seltener Anblick, denn für gewöhnlich schalte ich nach dem Fernpaßtunnel nicht nur die Heizung, sondern meist auch den Scheibenwischer ein. Die Verlockung ist dementsprechend groß, und so beschließe ich nach meiner Ankunft einen meiner Hausberge, das Koflerjoch (1861 m), zu besteigen. Annie soll mich auf dem Weg über die Dürrenbergeralm zum Gipfelkreuz begleiten. Gestatten. Annie, ist meine 11 Jahre alte Australian Sheperd Hündin, die ich vor vielen Jahren bei meinen Eltern zurücklassen musste. Zu ihren Lieblingsbeschäftigungcn zählen Fressen und sich Kraulen lassen. Figurprobleme berühren sie leider nur tangential. Voller Stolz steht sie zu ihrem Hängebauch und dem etwas breiten Hinterteil. Annie hasst Fotoapparate, deshalb gibt es auch nur wenige Schnappschüsse von ihr. Wir starten am Parkplatz Urisee. Die Anzahl der PKWs lässt den Ansturm auf die Alm bereits erahnen. Ich nehme Annie lieber an die Leine. Mit schnellem Schritt wandern wir den Steig bergauf, doch nach der zweiten Kehre wendet sich plötzlich das Blatt. Genug gesportelt, denkt sich Annie, und schlüpft gekonnt aus ihrem Halsband. Vorwurfsvoll sieht sie mich mit ihren großen Kulleraugen an, dreht um und lässt mich mit Leine und Halsband alleine zurück. Nicht mit mir. Ich nehme sofort die Verfolgung auf, und versuche ihr eindringlich den gesundheitlichen Aspekt dieser Wanderung zu erklären. Ich bin mir sicher, dass sie mich verstanden hat, dennoch wiederholt sich dieses mühsame Spiel Kehre für Kehre. Die ersten 600 HM zur Alm verdienen somit das Prädikat "Pädagogisch wertvoll". Der Brunnen unterhalb der Alm strotzt vor gähnender Leere, die Sonnenterasse hingegen ist voller Menschen. Wir lassen den Auflauf hinter uns, und stapfen hurtig weiter. Oberhalb der Alm ist ein weiterer Brunnen, doch Annie schafft es nicht ohne meine Hilfe an das kühle Nass heran zu kommen. Ich stelle sie kurzerhand in den Trog. Annies Durst kennt keine Grenzen. Das kalte Bad scheint ihr gut zu tun, denn langsam kommt sie wieder zu Kräften. Dem Gipfelsieg sehe ich somit optimistisch entgegen. Doch die Freude währt nicht lange, schon liegt Annie wieder im Schatten und verweigert jeden weiteren Schritt. Entgegenkommende Wanderer untergraben meine Authorität, indem sie auf den armen beleibten Hund einreden. Das letzte steile Stück über die Felsplatten entwickelt sich dann zu einem wahrhaften alpinen Kunststück, denn Annie hat mittlerweile nicht nur die Kraft, sondern auch ihren ganzen Mut verloren. Wie ein Gabelstapler nehme ich ihre Last auf meine Unterarme, und balanciere uns beide nach oben. Am Gipfelkreuz angelangt setze ich sie sicher auf dem Boden ab. Die Tortur hat endlich ein Ende. Der Rückweg verläuft dann wie erwartet. Kaum geht es wieder bergab, zeigt Annie was in ihren müden Knochen steckt, zumindestens bis zur Alm. Dort fragt mich der Wirt, ob dies nicht der Hund sei, der oftmals alleine durch Reutte spaziert und am Schutzweg wartet bis ihn ein Auto über die Strasse lässt. Das klingt eindeutig nach Annie. Mit ein wenig Bettlerei schaffen wir es die letzten Höhenmeter zurück zum Parkplatz. Fazit: Hunde müde, Herrchen fit. Hier die Daten: 1000 HM in 1:25 Stunden, davon fallen 20 Minuten auf pädagogische Belehrungen, insgesamt 3:41 Stunden mit Einkehr. Seltene Bilder findet ihr hier.

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