Sonntag, 30. November 2008

Ein Abenteuerlauf im Winter

Der heutige Sonntag verspricht schön und heiter zu werden, aber leider bin ich etwas im Zeitverzug, was die Lernerei betrifft. Die Pathologie sitzt mir schwer im Nacken, und das schlechte Gewissen hält mich in Schach, während ich sehnsüchtig hinaus auf die Berge blicke. Wenig später werfe ich alle guten Vorsätze über Board und mache mich mit den Laufschuhen auf den Weg zum Romedius Kirchl nach Thaur. Für gewöhnlich brauche ich knapp 30 Minuten auf den idyllischen Aussichtsplatz, doch 300 Meter vor dem Ziel überkommt mich die spontane Idee rechts hinauf auf den Ochsner (1038 m) zu laufen. Der Pfad ist steil aber ohne große Probleme zu meistern. 500 Höhenmeter später habe ich es geschafft. Ausgepowert stehe ich vor der Wegkreuzung und mache mich auf die Suche nach einem geeigneten Rückweg. Ehrlich gesagt gibt es doch nichts Langweiligeres als denselben Weg retour zu laufen. Rechts gehts hinauf zur Guggermauer und weiter zum Zunterkopf. Links führt der Weg über die Thaurer Mähder hinüber zur Thaurer Alm. Blauäugig wie ich bin, entscheide ich mich für den linken und wenigeren steilen Pfad, in der Hoffung, bald auf eine Abstiegsmöglichkeit zu stoßen. Irren ist ja angeblich menschlich. Die Route wird immer steiler und rutschiger, und je höher ich steige desto tiefer sinke ich mit den sommerlichen Berglaufschuhen im Schnee ein. Ein mulmiges Gefühl macht sich breit und ich beschließe umzukehren. Leichter gesagt als getan. Nach zwei, drei nicht ungefährlichen Ausrutschern revidiere ich ganz schnell meine Entscheidung, und setze meinen Aufstieg fort. Ich komme zu einer kleinen privaten Hütte. Puh, Glück gehabt, hier scheint ein Weg über die Mähder nach unten zu führen. Ich halte mich an den Grasbüscheln fest um auf dem abschüssigen und nassen Hang nicht abzustürzen. 100 HM tiefer folgt die Enttäuschung. Der Trampelpfad endet blind an einer Felswand. Köperlich und psychsich entkräftet wühle ich mich wieder nach oben. Nun stehe ich wieder bei der besagten Hütte und suche nach irgendwelchen Spuren, die mir den weiteren Weg weisen. Der Himmel ist mittlerweile wolkenverhangen, und meine Schuhe sind klitschnass, nachdem ich mehrere Lawinenkegel überkraxelt habe und zum Teil bis zur Hüfte im Schnee versunken bin. Die Querung über die Mähder gleicht einem Balanceakt und erinnert mich mehr ans Slacklinen als ans Laufen. Konzentriert setze ich jeden Tritt, um die ausgesetzten Stellen sicher zu meistern. In der Ferne kann ich bereits die Thaurer Alm erkennen, der Weg dorthin ist aber leider mit meinem Schuhwerk unpassierbar. Nun kann ich nur hoffen, dass ich die Durchquerung der Thaurer Klamm heil überstehe. Unbeschreiblich wie sehr man sich in solchen Momenten nach einem breiten und sicheren Fahrweg sehnt. Die Route durch die tiefverschneite Klamm ist trotz den alten Seilversicherungen ganz schön zahnig. Festhalten nützt hier nur wenig, denn die Stahlseile sind aufgespließen, die Verankerungen lose und die provisorischen Kletterseile haben auch schon bessere Zeiten erlebt. Letzendlich schaffe ich es dann bis zum Fahrweg. Langsam kehrt wieder Ruhe ein, und ich setze meinen Lauf fort. Wie in Trance eile ich hinab zum Thaurer Schlössl, vorbei am eigentlichen Ziel, dem Romedius Kirchl, und über den Adolf Pichlerweg zurück nach Absam. Nach 2:45 Stunden komme ich nass aber gesund in Hall an. Hier die Daten des abenteurlichen Laufs: ca. 20 km, 920 HM, davon mehr als 400 HM im unwegsamen Gelände in 2:45 Stunden.

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